Ziel oder nicht Ziel, das ist die Frage
Wie oft hören wir, dass man im Leben ein Ziel braucht? Und wie oft hören wir von anderer Seite, dass der Weg das Ziel ist? Was stimmt denn nun? Wie so oft im Leben – beides.
Ob Sie an den Profisport denken oder an ein Unternehmen: Es muss einerseits ein Ziel geben, auf das wir hinarbeiten, das wir erreichen möchten (oder müssen, weil es beispielsweise mit einem Kunden so vereinbart wurde). Andererseits kann es nicht schaden, wenn wir den Weg zum Ziel genießen und diesen Spaß, diese Freude, die wir auf diesem Weg haben, als Zusatzziel definieren. Und auch die kleinen Ziele, die Meilensteine, entsprechend feiern.
Doch das ist nur ein Aspekt des Themas „Ziel“. Denn, was wir oft nicht bedenken: Es gibt völlig unterschiedliche Arten von Zielen.
Ein Ziel ist ein Ziel – oder?
Gerade und auch im Mannschaftssport können Sie verschiedene Arten von Zielen ausmachen. Einerseits gibt es da das Vereinsziel. Das kann zum Beispiel sein: Wir gewinnen die Meisterschaft. Das ist ein Ziel, das gleichzeitig auch ein Teamziel sein kann und wird. Abgesehen davon gibt es natürlich auch Individualziele der einzelnen Spieler.
Vereinsziele
Nehmen Sie den Fußball: Kommt es nur mir so vor, als wäre Bayern München der einzige Verein, die deutscher Meister werden möchte (2019 übrigens zum 7. Mal in Folge)? Wenn man sich die Statements anderer Mannschaften anhört, könnte man den Eindruck bekommen, deren Ziel wäre es, einfach nur einen einstelligen Tabellenplatz zu erreichen. Für mich stellt sich hier die Frage: Warum treten sie dann eigentlich an? Kann es wirklich das Ziel sein, einen guten Platz in der Tabelle zu haben? Reicht das als attraktives Ziel, das die Mannschaft motiviert und zu Höchstleistungen antreibt? Doch wie auch immer, wie jeder Verein sein Ziel definiert, bleibt schlussendlich ihm selbst überlassen. Umgesetzt auf ein Unternehmen stehen hier ganz konkret die Unternehmensziele. Was will das Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr erreichen?
Mannschaftsziele
Wie schon erwähnt, Mannschaftsziele und Vereinsziele haben im Normalfall eine gemeinsame Schnittmenge. Doch gerade im Bereich der Mannschaftsziele gibt es viel mehr. Da können auch Ziele auftauchen wie besseres Zusammenspiel, mehr Integration der neuen Spieler oder die perfekte Umsetzung eines neuen Spielzugs. Wenn Sie auch hier wieder ein Unternehmen als Vergleich heranziehen, so wird an dieser Stelle definiert, wie das Team performen soll. Also, welche Abteilung, welches Verkaufsteam hat welches Ziel? Je konkreter ein Ziel definiert ist, umso besser können alle an einem Strang ziehen. Doch nicht nur das „Was“ spielt eine Rolle, auch das „Warum“ ist essentiell. Warum machen wir das eigentlich?
Sinn vermitteln – das Ziel macht den Unterschied
Die größte Aufgabe der Führungskraft ist es daher, jeden Tag das zu vermitteln, worum es eigentlich geht, also den Sinn immer wieder aufs Neue aufzuzeigen: Warum tun wir das alles hier überhaupt? Der spanische Ausnahmespieler Andrés Iniesta wurde einmal gefragt, aus welchem Grund seiner Meinung nach Josep „Pep“ Guardiola so ein überragender Trainer ist.
Iniesta antwortete, dass Guardiola es versteht, jeden Tag den Spielern den Sinn zu vermitteln, warum sie den Ball treten. Mehr dazu lesen Sie im Blogartikel Transformationale Führung – was Führungskräfte von Fußballtrainern lernen müssen.
Zwischenziele
Es ist mit Sicherheit hilfreich, kleine Zwischenziele einzuplanen – im Sport wäre das der Gewinn der einzelnen Spiele. Im Unternehmen könnte es sich bei diesen Zwischenzielen beispielsweise um Meilensteine handeln oder um das Erreichen gewisser Quoten pro Monat.
Ohne das große Ziel jedoch, ohne die Vision, geht zu viel Sinn verloren, und die Motivation für die einzelnen Spiele wäre wesentlich geringer. Denn was würden Sie mit Meilensteinen anfangen, wenn Sie kein Ziel haben, zu dem diese führen? Das „Warum“ ist entscheidend: Ja, es ist wunderbar, ein Spiel zu gewinnen. Es ist großartig, einen Meilenstein oder eine Verkaufsquote zu erreichen. Aber es geht eben auch um das große Ganze: Jeder Sieg bringt die Mannschaft dem Ziel, am Ende die Meisterschaft zu gewinnen, näher. Und jeder Meilenstein bringt Sie und Ihr Team näher an das angestrebte Ziel.
Individuelle Ziele
Neben den bereits besprochenen Zielen haben die einzelnen Sportler noch ihre Individualziele. So hat Beispiel hat ein Sportler das Ziel, seine Verletzungsanfälligkeit zu reduzieren. Das kann durch eine bestimmte Art sich zu ernähren oder gewisse Übungen positiv beeinflusst werden. Ein anderen muss vielleicht sein Gewicht reduzieren, um schneller zu sein, oder mittels Training sein peripheres Sichtfeld zu erweitern, seine Wurfquote verbessern oder seine Wurfschnelligkeit steigern.
Stärken stärken?
„Stärken stärken“, das ist eines der Schlagwörter aus dem Coaching. Und das passt schon so. Im Sport ist der Zugang jedoch ein völlig anderer. Denn mit „Stärken stärken“ geht meistens ein Vernachlässigen der Schwächen einher. Und das kommt die Psychologie ins Spiel: Denn wenn ein Sportler schon annähernd 100% seiner Leistungsfähigkeit in einem Bereich erreicht hat, ist eine Steigerung mühsam und langwierig. Wenn derselbe Sportler auf der anderen Seite in einem Bereich noch deutliche Schwächen hat, dann ist eine Verbesserung schneller zu erreichen – und es gibt ein Erfolgserlebnis, das ihn beflügelt.
Das gleiche Prinzip können Sie auch in Ihrem Team anwenden. Das soll nicht bedeuten, dass der chaotisch-kreative Mitarbeiter nun zu einer Arbeit als Erbsenzähler verdonnert wird. Sondern, dass zum Beispiel der Top-Verkäufer einen Teil seiner Arbeitszeit dafür aufwendet, sich auch ein paar Fähigkeiten im Flipchart-Zeichnen oder in einer Fremdsprache anzueignen, um so nicht nur seine Kompetenzen, sondern auch sein Aufgabengebiet zu erweitern, ihm zusätzliche Erfolgserlebnisse zu bescheren und ihm eine abwechslungsreichere Tätigkeit zu ermöglichen. Sie werden sicher nicht bei jedem Ihrer Mitarbeiter damit offene Türen einrennen, und das muss auch nicht sein. Doch der eine oder andere aus Ihrem Team freut sich sicher, wenn er seinen Blickwinkel erweitern kann.
Das Gesamtziel
Erst durch die Individualziele und Teamziele in Summe kann das Gesamt– oder Vereinsziel erreicht werden.
Dieses Ziel ist eine Mischung aus Quantitäts– und Qualitätszielen. Unternehmen schauen dabei oft auf zu sehr auf die Quantität, also Umsatz, Ertrag, Deckungsbeitrag als auf eine qualitative Steigerung. Das kann kurzfristig zwar funktionieren, langfristig gedacht fehlt jedoch ein entscheidender Aspekt.
Ziele feiern
Und wenn Sie nun gemeinsam mit Ihrem Team ein Ziel erreicht haben?
Dann warten Sie mit dem Feiern bloß nicht auf das Gewinnen der Meisterschaft oder das Erreichen des Projektziels. Vergessen Sie nie, auch das Erreichen jedes Zwischenziels zu feiern – egal, ob Sie Fußballtrainer oder Führungskraft sind. Damit haben Sie nicht nur den Sinn, sondern auch den Spaß, die Freude – nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“. Verlieren Sie nur nie Ihre Ziele am Ende aus den Augen. Denn dieses macht den Unterschied!