Arbeiten ohne Fehler? Eine Illusion
Jeder von uns macht Fehler. Das kann man nicht oft genug betonen. Und das ist auch ein gutes Zeichen – denn Fehler kann nur der machen, der arbeitet. Beim Nichtstun passieren sie eher selten. Nun können Fehler zwar mit entsprechenden Maßnahmen reduziert und miniminiert werden, eine Fehlerquote von 0% werden wir aber niemals erreichen.
Daher stellt sich die Frage, wie wir damit umgehen, dass wir nicht unfehlbar sind.
Wie gehen man damit um, wenn ein Fehler passiert?
- Auf den Fehler fokussieren?
- Nach einem Schuldigen suchen?
- Sich in endlosen Diskussionen darüber austauschen, wie der Fehler zustande kam?
- Und gibt es die richtige Art, mit Fehlern umzugehen?
Fragen über Fragen – in diesem Blogartikel finden Sie ein paar Antworten.
Gegentreffer statt Schuldzuweisungen
Ich bin ja, unter anderem, erklärter Handballfan und sehe mir sehr gerne ab und zu ein Match an. Was mir bei Spielen immer wieder auffällt, ist Folgendes: In einem Timeout diskutieren die Spieler nicht. Diese zehn Sekunden sind zu wertvoll, um über Fehler zu streiten, die ohnehin schon passiert sind. Stattdessen konzentrieren sie sich sofort darauf, dass das Spiel weitergeht und sie selbst möglichst schnell zu einem Gegentreffer kommen.
Das ist eine absolut bewundernswerte Einstellung. Dadurch, dass das Handballspiel in den letzten Jahren durch eine geänderte Regel immer schneller geworden ist, ist es nun auch leichter, Schnitzer mit einem Gegentor auszubügeln. Lesen Sie dazu auch den Blogartikel „Survival of the fittest“.
In Unternehmen ist es leider alles andere als selbstverständlich, den Fokus schnell auf das „Wie geht es weiter?“ zu legen anstatt den Fehler zu analysieren und die Schuld zu suchen.
Gerade hier trennt sich die Spreu vom Weizen: Die Kunst liegt darin, einen Rückschlag blitzschnell in einen Vorteil umzuwandeln – oder es zumindest zu versuchen.
Annehmen, loslassen, weitergehen
Natürlich analysieren auch unsere Profihandballer den Fehler – nur eben nicht in dem Moment, in dem sie das Tor bekommen haben oder überhaupt während des Spiels. In diesem Moment des Gegentores hingegen zählt nur eines: weitermachen!
Für die Fehlersuche gibt es Besprechungen mit dem Trainer und Videoanalysen im Anschluss an das Match. Vor kurzem wurden übrigens alle Erstligisten von der Handball-Bundesliga GmbH mit einer hochmodernen Analyse-Technologie ausgestattet. Mithilfe eines innovativen Chip- und Sensoren-Netzwerks können wertvolle Echtzeit-Daten gewonnen werden. So wird die Leistungsanalyse in Wettkampf und Training noch transparenter und Fehler können leichter erkannt und ausgebügelt werden.
Um wieder auf Unternehmen zurückzukommen: Auch hier ist eine Fehleranalyse durchaus sinnvoll: Wie ist der Fehler zustande gekommen? Was ist überhaupt passiert? Und wie kann man diese und ähnliche Fehler in Zukunft vermeiden?
In Unternehmen gibt es zwei mögliche Situationen:
- Es ist ein Fehler passiert, der eine sofortige Reaktion notwendig macht. Eine solche Situation tritt beispielsweise ein, wenn es ein Kunde reklamiert. Ihre Mitarbeiter brauchen in diesem Fall sofort einen Fokus auf das Positive. Das Ziel sollte in erster Linie sein, den Kunden zu besänftigen und zufriedenzustellen und den Fehler wieder auszugleichen. In diesem Fall muss die Fehleranalyse auf jeden Fall – genau wie beim Handballteam – später stattfinden.
- Doch es gibt auch Situationen, in denen Sie sofort mit der Analyse beginnen können. Wenn zum Beispiel Sie als Führungskraft einen Fehler feststellen, den Sie zwar korrigieren müssen, aber nicht sofort. Auch hier ist es allerdings von immenser Bedeutung, dass Sie nicht zu lange in der Fehleranalyse hängen bleiben.
Auch im Unternehmen sollte der Fokus also auf die positive Gegenwart oder Zukunft gerichtet werden.
Die Fehlerbearbeitung erfolgt in drei Schritten:
Annehmen
- Der Fehler ist passiert, das können Sie nicht mehr ändern. Sie können jedoch sehr wohl daraus etwas lernen und es künftig besser machen.
Loslassen
- Wenn Sie zu lange in der Fehlersuche und -analyse verweilen, stecken Sie fest. Dann gibt es keine Vorwärtsbewegung, kein Weiterkommen, kein Tor, keinen Erfolg, sondern nur Stagnation.
Weitergehen
- Nun folgt das Learning: Die Fehleranalyse muss zu einem Learning führen – und hier übernehmen Sie am besten die Strategie der Handballer und blicken in die Zukunft. Wie geht es weiter? Was haben wir gelernt? Wie können wir diesen Fehler künftig vermeiden? Wie machen wir es künftig anders/besser? Wie können wir den Fehler zu unserem Vorteil verwenden?
Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.
Konfuzius
Fehlerkultur in Unternehmen
Fehler können passieren, davon geht die Welt nicht unter. Es ist wichtig, dass Ihr Team sich dessen bewusst ist. Nur mit einer offenen und toleranten Fehlerkultur lässt sich der Fokus auf das Positive erlangen.
Andernfalls scheuen sich Ihre Mitarbeiter davor, einen Fehler – und sei er auch noch so klein – zuzugeben, weil sie sich vor den Konsequenzen fürchten. Die Energie geht für Vertuschungsversuche, Verleugnen und Schuldzuweisungen drauf, anstatt in einen kreativen Lernprozess zu fließen. Ein Annehmen, Loslassen und ein Weitergehen mit Fokus auf das Positive ist dann nicht mehr oder wesentlich schwerer möglich.
Doch noch einen anderen großen Pluspunkt haben Fehler: Sie zeigen uns, dass eine Entwicklung möglich und notwendig ist. Ohne Schnitzer, ohne, dass etwas schiefgeht, bleiben wir stehen, sonnen uns in unserem Ruhm und merken unter Umständen gar nicht, dass wir links und rechts von denen überholt werden, die sich selbst die Chance gegeben haben Fehler zu machen und aus ihnen zu lernen.
FuckUp-Meetings: Fehler feiern
Viele Unternehmen gehen noch einen Schritt weiter: Mittlerweile sind sogenannte „FuckUp-Meetings“ oder „FuckUp-Nights”, in denen Mitarbeiter über ihre Fehler und ihr Scheitern berichten, schon weit verbreitet und erfreuen sich großer Beliebtheit.
Die Ziele dieser Treffen:
- Sie ermöglichen, dass jeder zu seinen Fehlern zu stehen lernt;
- Sie geben dem Betroffenen die Chance, den Kopf wieder frei zu bekommen (loszulassen);
- Sie geben allen anderen Mitarbeitern die Botschaft mit, dass Scheitern ein Teil des Prozesses ist.
Das ist Ihnen dann doch zu viel? Das ist legitim. Dennoch: Eine positive und offene Fehlerkultur ist mit Sicherheit etwas, von dem nicht nur Ihre Mitarbeiter, sondern auch Sie als Führungskraft profitieren.
Wie gehen Sie mit Ihren eigenen Fehlern und denen Ihrer Mitarbeiter um? Haben Sie Anregungen, Bemerkungen oder Kommentare? Ich freue mich auf Ihr Statement!
Ihr Andreas Klement