Zauberformel Förderauftrag

Konsum und gutes Gewissen – eine Formel die nach Meinung vieler Nachhaltigkeitsexperten nicht zusammengehört.

Der „Collaborative Consumption“, zu Deutsch gemeinschaftlicher Konsum, bezeichnet die kollektive Nutzung von Gebrauchs- und Alltagsgegenständen wie Autos, Kleidung und Werkzeug, die unter dem Motto „Nutzen statt Besitzen“ über entsprechende Plattformen im Internet getauscht, geteilt, verliehen oder auch verschenkt werden können.

Es gibt Teil- und Tauschbörsen ohne Ende. Da gibt es zum Beispiel etwas für Naturfreunde. Hier bewirtschaften viele Naturfreunde einen gemeinsamen Garten. Für Nimmersatte gibt es auch eine Teilebörse – unter dem Motto „Verwenden statt Verschwenden“ spenden und verschenken Menschen Lebensmittel, um es an andere Menschen zu geben. Haben Sie einen Schweizer Gertel oder eine Diamantkettensäge? Nein, dann können Sie sich dieses leihen. Extra für Menschen, die alles Selbermachen, möchten gibt es Teilebörsen für ausgefallenes wie weniger ausgefallenes Werkzeug. Sie möchten mit dem Modetrend gehen? Dann gehen Sie doch mal wieder zu einer Kleidertausch-Party. Ja, Sie lesen richtig. Secondhandläden sind Out – Kleidertausch-Partys sind In. Selbstverständlich ist die Liste unendlich und kann noch beliebig fortgeführt werden. Über Vielfahrerbörse bis hin zu Börsen, wo man wohl wirklich alles tauschen kann.

Man darf nicht vergessen, dass es für uns gar nicht neu ist zu tauschen. Nehmen wir doch mal eine bestimmte Tauschbörse. Geld – Sie brauchen Geld und gehen zu Ihrer Bank und tauschen Zeit gegen Geld. Ziemlich vereinfacht gesagt.

Eine der ältesten Tauschbörsen ist wohl die Genossenschaftswelt. Eine Genossenschaft ist ein Zusammenschluss von Personen, deren Ziel der Erwerb oder die wirtschaftliche beziehungsweise soziale Förderung ihrer Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb ist. Im Jahre 1799 begann Robert Owen aus Schottland mit der ersten Genossenschaftsbewegung. In Deutschland verbinden die meisten Menschen die Gründerväter Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch mit dem Thema Genossenschaft. Wer diese beiden nicht kennt, dem ist sicherlich eine der vielen Volks- oder Raiffeisenbanken besser bekannt. Denn das Ziel einer jeden Genossenschaftsbank ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern die wirtschaftliche Förderung der Mitglieder innerhalb der einzelnen Regionen. So schreibt es das Genossenschaftsgesetz §1 vor.

Wenn Sie in der Onlineenzyklopädie Wikipedia das Stichwort Genossenschaft suchen, dann finden Sie unter anderem folgende Definition.

„… Die Genossenschaft ist nicht Selbstzweck und hat für ihre Mitglieder in deren Rolle als Geschäftspartner (Kunde, Lieferant) Leistungen und Problemlösungen anzubieten, die das Mitglied in seiner eigenen Wirtschaft (privater Haushalt, Unternehmen) erfolgreich machen. Der wirtschaftliche Erfolg einer Genossenschaft ist abhängig davon, ob Mitglieder die Leistungen in Anspruch nehmen und langfristig Geschäftsbeziehungen zur Genossenschaft unterhalten…“

„… Bei der Planung von Konzepten sollte nicht übersehen werden, dass professionell angebotene Leistung waren- oder dienstleistungsbezogen Kosten verursacht, deren Deckung über die Preise für erbrachte Leistungen zu erfolgen hat. Auch in der Genossenschaft hat Leistung ihren Preis. Eine transparente und nach dem Verursacherprinzip aufgebaute Kostenzurechnung sollte daher bereits in der Planungsphase als Voraussetzung für eine leistungsgerechte Förderpolitik anzusehen sein…“

In diesen unruhigen Zeiten von Eurokrise über Bankenkrise bis hin zur Vertrauenskrise verbinden nur wenige Menschen eine Bank mit dem Thema Förderung. Testen Sie doch einfach mal in Ihrer Region eine Genossenschaftsbank, inwieweit diese dem Förderauftrag tatsächlich nachkommt. Sie werden überrascht sein, was eine Genossenschaftsbank alles zu bieten hat. Ihre Volks- und Raiffeisenbank interessiert nämlich nicht nur Ihre finanzielle Lage, sondern viel mehr, was Sie als Kunde antreibt, was Ihnen wichtig ist und was Sie alles noch vorhaben. Hierzu ein kleines Beispiel aus der Praxis. Es ist klar, dass die Genossenschaftsbanken auch Menschen aus der Region zu Bankkaufmännern/-frauen ausbilden. Dies ist ein weiterer Beweis was Förderauftrag auch bedeutet, aber darum geht es in diesem Beispiel gar nicht so sehr. Eine Genossenschaftsbank in Sachsen hat drei Auszubildende eingestellt und das erste, dass diese jungen Menschen lernen, hat nichts mit Bankwesen im Allgemeinen zu tun. Nein. Diese lernen vielmehr, wie hart die Kunden für das eigene Geld arbeiten, dass der Bank anvertraut wird. Und so findet sich ein Auszubildender der Bank in den ersten vier Wochen auf einem Bauernhof wieder, wo er jeden Tag Kühe versorgt, Stähle ausmistet und den üblichen Aufgaben eines Landwirts nachgeht.

Die Auszubildenden tauschen also ihren Berufsalltag gegen den Alltag des Kunden, um zu erleben und zu erkennen, wie wichtig es ist, eben nicht mit dem Geld seiner Kunden Monopoly zu spielen.

Sie sehen also, so neu uns der Gedanke des Tauschens auch vorkommen mag, die Genossenschaftswelt kennt und lebt diesen Gedanken bereits seit mittlerweile 214 Jahren.

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